vivazza

Vienna Calling - Pressestimme

Musikalische Völkerverständigung in der Kulturvilla

„Sinfonietta VivazzA“ nennt sich ein Ensemble junger Musiker aus aller Welt, das in unterschiedlicher Besetzung ein leidenschaftliches Ziel verfolgt: “Musik zum Anfassen“ Das heißt in kleiner Besetzung große Musik zu vermitteln an Orten und für ein Publikum, das eben nicht in das Schema des großen Musikbetriebs einzureihen ist. So ist es eben ungewöhnlich und reizvoll ein Werk wie die 1. Serenade von Brahms in kammermusikalischer Besetzung zu erleben. Das heißt aber auch , dass jeder einzelne Musiker beachtliche solistische Fähigkeiten verfügen muss und sich eben nicht in der Masse der Orchesterkollegen verstecken kann. Und genau dies gelang dem Ensemble vortrefflich. Diese neun Musiker haben in der Regel in Deutschland studiert und sich auf verschiedenen Wegen gefunden.

Künstlerischer Direktor ist die leidenschaftlich engagierte Klarinettistin Pamela Coats („ich bin die einzige afro-amerikanische Klarinettistin in Deutschland“). Bei einem Gespräch in der Pause spürte man den Stolz auf „Ihr“ Ensemble, das schon internationale Preise in Wien oder London errungen hat und auch im Deutschlandfunk vorgestellt worden ist.

So war es denn ein wirklicher Glücksfall, dass die Kulturvilla dieses Ensemble zu Gast hatte und einen erfreulich guten Besuch registrieren durfte.

Nach den Konzertankündigungen konnte man eher ein „Neujahrskonzert“ erwarten- mit den üblichen Walzerfolgen der Neujahrskonzerte der Wiener Philharmoniker

Die erste Programmhälfte entsprach auch diesem Muster. So erklang zum Anfang die Fledermaus-Ouvertüre von J. Strauß, gespielt von einem Streichquintett und Bläsern ( Querflöte, Oboe , Klarinette, Fagott und Horn). Erstaunlich, wie so ein Ensemble ohne Dirigent so gekonnt harmonisierte, wo doch in dieser Ouvertüre zahllose Tempowechsel und raffinierte Verzögerungen für Spannung sorgten. Dies gelang alles perfekt, und die elegante Spritzigkeit sowie der fulminante Schlussspurt ließ nichts zu wünschen übrig. Einen schönen Kontrast boten dann zwei Arien der Adele aus der Fledermaus mit der Sopranistin Julia Langeder. Sie gestaltete ihren Auftritt mit einer sehr temperamentvollen Szenendarstellung. Ihre Stimme hatte dabei viel Kraft (für die kleinen Räumlichkeiten des Saales vielleicht etwas zu viel) und man vermisste eine gewisse Leichtigkeit und Koketterie in ihrer Rolle. Aber das heikle hohe d am Schluss gelang ihr mühelos.

Mit den „Geschichten aus dem Wiener Wald“ von Strauß wurde man wunderschön walzerselig in die Pause geschickt.

Die zweite Programmhälfte bekam nun einen völlig anderen Charakter und verlangte ein sehr aufmerksames und konzentriertes Publikum: Schließlich erklang die erste Serenadeop.11 von Johannes Brahms, der mit diesen 5 Sätzen die ersten Gehversuche hin zum Schaffen einer großen Sinfonie machte. Brahms schrieb diese Serenade tatsächlich genau für diese kammermusikalische Besetzung. Man kennt sie aber eher in der späteren Orchesterversion. Hier kamen die solistischen Fähigkeiten der Musiker besonders eindrucksvoll zur Geltung, so zum Beispiel das Horn in den Menuettsätzen. Das traumselige Adagio erklang in absolut reiner Intonation – ein Ohrenschmaus! Ein mitreißender Geschwindmarsch als letzter Satz riss das Publikum zu stürmisch-rhythmischem Beifall hin. Natürlich musste eine Zugabe her. Sängerin Langeder erschien plötzlich mit zwei Uralt-Telefonen bewaffnet und sang gekonnt die Scene „Vienna calling“ aus „Rock me Amadeus“.

Von Karl-Heinz Kensche
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